Der Gelbe Sack – kein Gewinn für den Landkreis

Nun ist es also klar: der Landkreis wird ca. 1000 Bürger befragen um herauszubekommen wie die Bürger des Landkreises zum Gelben Sack stehen. Laut Landrat Klaus Metzger soll das nicht als Entscheidungshilfe für den Kreistag verstanden werden, sondern nur als „Fingerzeig“, wie es denn abfalltechnisch im Landkreis weitergehen soll. Die Grünen finden dieses Vorgehen scheinheilig, da es als Form der direkten Demokratie verkauft wird. Sie haben deshalb einen Kenner der Thematik, Josef Metzger von der Aktionsgemeinschaft Lebensraum Lechleite / Lebenswertes Lechtal e.V., nach Mering eingeladen um mehr zum Thema Für- und Wider „Gelber Sack“ zu erfahren.

Die Veranstaltung stieß auf hohes Interesse und stellte das Thema mit allen Facetten ausführlich dar. Josef Metzger versteht sich als ehrenamtlicher Umweltschützer, beleuchtet aber durchaus alle Seiten des Themas, wobei die Umwelt- und Kostenaspekte für ihn die größte Wichtigkeit haben. Seiner Meinung nach wird derzeit hauptsächlich die verbesserte Bequemlichkeit gesehen, alle anderen Aspekte werden kaum diskutiert.

(„Entwicklung der Müllentsorgung 1950 bis 2010“ nach Josef Metzger)

Zu Beginn zeigte er die Entwicklung der Müllentsorgung für die gesamte BRD und ehemalige DDR (ab 1990) von 1950 bis 2010 auf. Demnach hat sich das Müllaufkommen mehr als verdoppelt wobei die stoffliche Verwertung (Recycling) mittlerweile mehr als die Hälfe ausmacht (ca. 57 %). Der Restmüllanteil, der früher auf die Deponie ging, wird nun vollständig der Müllverbrennung zugeführt (derzeit 43 % des Müllaufkommens).

Aus seiner Sicht ist das der ganzen aktuellen Diskussion zugrunde liegende neue Verpackungsgesetz eine Mogelpackung, denn es gibt Verwertungsquoten vor, ohne dass diese überprüft oder gar sanktioniert werden (anders wie  beim Mehrwegesystem). Wichtig ist auch, dass nicht der Landkreis für die Erreichung der Quoten einstehen muss, sondern die Abfallindustrie. Insofern hat der Landkreis keinerlei Druck am gut funktionierenden derzeitigen System irgendetwas zu ändern, das Bringsystem ist ausdrücklich weiterhin erlaubt. Merkwürdig ist auch, dass am Beginn des neuen Gesetzes postuliert wird, dass des zur Abfallvermeidung dienen soll. Dabei regt es über die geforderten hohen Sammelquoten zu mehr Abfallerzeugung an.

(„Aktuelle Zahlen aus dem Zweckverbandsgebiet“ nach Josef Metzger)

Mit gut aufbereiteten und aktuellen Zahlen zeigte er dann auf, dass unser Wertstoffsammelsystem derzeit die besten Ergebnisse liefert. Das Gesamtabfallaufkommen im Landkreis liegt pro Kopf gegenüber der Stadt Augsburg und dem Landkreis Augsburg um 4 % bzw. 12,5 % niedriger. Noch gravierender sind die Unterschiede bei der Müllfraktion, die in die Müllverbrennung kommt (Restabfallfraktion).  Hier ist der Landkreis gegenüber der Stadt Augsburg und dem Landkreis Augsburg um fast 27 % bzw. 15 % besser. Beide Aspekte sind der Grund, dass der Wertstoffanteil im Landkreis mit 71 % gegenüber der Stadt Augsburg (61 %) und dem Landkreis Augsburg (70 %) am höchsten ist.

Den Bürgern im Landkreis macht er ein Kompliment, da die Wertstoffe gut getrennt und von hoher Reinheit sind. Im Gelben Sack würde dagegen alles wieder zusammengeworfen, d.h. die Wiederverwertung ist damit schwierig bis unmöglich. Wertstoffe aus den Wertstoffsammelstellen können durchschnittlich viermal zu hochwertigen neuen Kunststoffteilen verarbeitet werden. Kunststoffe aus dem Gelben Sack können dagegen höchstens zweimal zu minderwertigen Produkten verarbeitet werden.

Der Verdacht ist daher groß, dass der Gelbe Sack hauptsächlich die Auslastung der Müllverbrennungsanlagen verbessern soll, die wiederum die Wärme schlecht nutzen (durchschnittlicher Wirkungsgrad bei 54 %). Wer weiß, dass Schlacke und Filterstäube aus der Müllverbrennung komplett in Sondermülldeponien wandern, kann an einer Ausweitung der Müllverbrennung nicht interessiert sein. Ziel muss stattdessen eine möglichst hohe Wiederverwertung unserer Abfälle sein. Ansonsten diskutieren wir in wenigen Jahren wieder über die Anlage einer Sondermülldeponie im Landkreis.

Zusammenfassend werden aus der Sicht von Josef Metzger über den Gelben Sack schlechtere Umweltstandards eingeführt, die vom Bürger auch noch mit höheren Abfallgebühren bezahlt werden müssen. Eine klassische ‚Lose – Lose‘-Situation die durch den Gewinn an Komfort für den einzelnen Bürger nicht im Ansatz aufgewogen wird.

In der anschließenden, sehr angeregten und sachlichen Diskussion wurden dann auch die bekannten Argumente angeführt: in Mietwohnungen sei beispielsweise zu wenig Platz für Mülltrennung und alte Menschen könnten nicht mehr zur Wertstoffsammelstelle fahren. Rudolf Kaiserswerth entgegnete, dass es auch für diese Probleme kreative Lösungen finden kann, wenn man nur gewillt ist, darüber nachzudenken. Beispielsweise fährt das sehr erfolgreiche Bürgernetz in Mering ältere Bürger heute zum Einkaufen, da wären entsprechende Fahrten zur Wertstoffsammelstelle doch nur konsequent. Alternativ könnte es einen Holservice nur speziell für solche Gruppen geben bzw. es könnten dezentrale Sammelstellen für Leichtverpackungen ähnlich wie für Glas und Metall eingerichtet werden. Hans Schneider merkte an, dass immer mehr Tonnen auf den Gehsteigen stehen und Passanten auf die Fahrbahn ausweichen müssen, was besonders für Bürger mit Rollator oder Kinderwagen ein Problem darstellt. Mit dem gelben Sack werden auch die Fahrten zur Wertstoffsammelstelle nicht wegfallen. Ja, sie werden sogar noch unbequemer werden, da kleinere Wertstoffsammelstellen vermutlich schließen oder die Öffnungszeiten reduzieren werden.

Abschließend stellte Petra von Thienen fest: „Es zeigt sich, dass die Bürger an dem Thema, das ja jeden betrifft, sehr interessiert sind. Offensichtlich werden wir aber nicht über alle Aspekte und Folgen des Gelben Sacks aufgeklärt. Letztlich sind wir aber diejenigen, die das Ganze finanzieren müssen und zwar über steigende Müllgebühren. Da wäre ein Bürgerentscheid mehr als angemessen. Das heute gut funktionierende und für die Umwelt vorteilhafte System sollte stattdessen beibehalten und bezüglich der noch vorhandenen Probleme kreativ und innovativ weiter optimiert werden.“

Den kompletten Vortrag von Josef Metzger mit weiteren Details sowie Quellennachweisen haben wir hier hinterlegt.

Die aktuelle Vorgeschichte des Themas ist in diversen Artikeln der Friedberger Allgemeinen nachzulesen:

14.09.2017: Der Kreis befragt die Bürger
10.10.2017: Kommt doch ein Bürgerentscheid zur Gelben Tonne?
11.10.2017: Gelbe Tonne: Befragung oder doch Bürgerentscheid?
11.10.2017: Bürgerbefragung vor Gelber Tonne

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4 Kommentare

  1. Dem Kommentar von Herrn Wissing möchte ich mit folgenden Argumenten entgegen stellen: Gerade im Lkr. AIC-FDB funktioniert die Müllvermeidung mit dem Wertstoffsammelsystem, hier ist das geringste Gesamtmüllaufkommen, ebenso die kleinste Menge zur Verbrennung in der Müllverbrennung Augsburg absolut und prozentual(siehe Tabelle oben). Wir haben gegenüber Stadt u. Lkr. Augsburg immer 1. oder 2. Plätze. Was hilft uns die große Sammelmenge bei den Leichtverpackungen wenn hinterher die verschmutzen Inhalte zu 70 % verbrannt werden. Da ist die gelbe Tonne/gelber Sack nur eine Volumenerhöhung der Restmülltonne. Saubere, sortierte LVP über Wertstoff-sammelstellen werden größtenteils zu hochwertigen neuen Produkten verarbeitet. Es gibt deutschlandweit keine Sortieranlage, die bei LVP eine höhere Wiederverwendungsquote hat, als LVP über Bringsysteme.
    Die gelbe Tonne ist bezgl. Ressourcenverbrauch, Energieverbrauch und Müllgebühren das schlechtere System. Es dient nur dem Umsatzzuwachs der dualen Systeme und geht zu Lasten der Umwelt und der Müllgebühren.

  2. Die Grafik sagt doch alles zum Thema Leichtverpackungen:
    “ Der Bürger des Landkreises AIC“ bringt (ca 20 bis 50 mal) im Jahr 11,6kg (selbstverständlich CO2 neutral zu Fuß / Fahrrad) seine Leichtverpackungen zum Wertstoffhof. (2,5% seines gesamten Mülls (Wertstoff))
    „Die Bürger von Augsburg und des Landkreises versenken (verschenken) doppelt soviel 25 kg im Jahr in der gelben Tonne / Sack. ( 5% seines Mülls) Also 100% mehr könnte recycelt werden durch die Tonne! Noch Fragen was gegen die Tonne spricht? Insgesamt ist das alles ein (Geld) politischer Irrwitz / Wahnsinn. Die Idee mit dem (Diesel) Bürgerbus am Samstag zum Wertstoffhof ist wirklich zu begrüßen. Aber lasst uns doch alle weiter träumen wie umweltbewußt wir alle sind und wie gut unser Müll recycelt wird und nicht im Ofen (thermisches Recycling)von Augsburg landet ! ENDE der Ironie.
    Vor dem Bau der MüllverbrennungsAnlage habe ich das Märchen von Müllvermeidung und Wertstoffhöfen geglaubt.

  3. Leider vermisse ich in der ganzen Diskussion den Weitblick.
    Es geht nur um Müllentsorgung und in keinem Wort wird die Müllvermeidung erwähnt. Ein zusätzliches Holsystem führt doch nur dazu, dass ich mir beim Einkauf noch weniger Gedanken über die Verpackung machen muss, und greife zum hübsch verpackten Scheibenkäse oder zur Milch im Tetrapack.
    Auch die Industrie wird mal wieder in keiner Weise zur Mitverantwortung gezogen. Wären verpackungsintensive Produkte deutlich teurer, und damit meine ich keine Pfandregelung, würde der Bürger nicht das 99 Cent Hackfleisch in der Plastikbox kaufen, sondern unbedenklich produziertes Fleisch. Somit wären die Kernkompetenzen der Grünen erfüllt: Umweltschutz durch weniger Müll und Tierschutz bzw. Nachhaltigkeit.

    1. Diesen Anmerkungen können wir uneingeschränkt zustimmen. In dem Beitrag haben wir uns auf die Frage konzentriert, wie die Leichtverpackungen in Zukunft ‚entsorgt‘ werden sollen. Das Holsystem führt zu sorgloserem Umgang mit dem Müll und das ist einer der wesentlichen Gründe, warum wir Grüne das ablehnen (wurde von Vertretern der Grünen so auch in den refernzierten Zeitungsartikeln erwähnt). Hätten wir hier die vermissten übergeordneten Aspekte (Weitblick!) auch noch aufgeführt, wäre der Beitrag noch länger geworden. Wir werden uns zu gegebener Zeit bzw. zu gegebenem Anlaß auch wieder mit diesen Themen befassen.